Herr Stuppardt, Sie sind Herausgeber und Chefredakteur der WELT DER KRANKENVERSICHERUNG. In dieser Funktion haben Sie sich häufig mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt. Wie zufrieden sind sie mit dem Fortschritt der Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Ich habe mich ja auch mit diesem Thema in meiner Rolle als Vorstandsvorsitzender eines Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen quasi seit der Geburtsstunde der elektronischen Gesundheitskarte beschäftigt. Was haben wir uns nicht alles früh schon davon versprochen! Dank der sektoralen und interessenstarken Beharrungskräfte in der Branche hat sich davon leider bislang viel zu wenig realisiert. Damit kann niemand zufrieden sein.
Es ist ein Fakt, dass Deutschland in der Digitalisierung im Gesundheitswesen und damit in der Transparenz und Analyse international hinterherhinkt. Auf der anderen Seite sind wohl viele in der Praxis inzwischen „wachgeküsst“ und es gibt zahlreiche nutzwertige Initiativen, was zu begrüßen ist. Der Rückstand ist durchaus aufholbar. Und dies wird angesichts der Rahmenbedingungen des Wettbewerbs – insbesondere aufgrund der Finanzierungslogik –auch so kommen. Denn Wettbewerbsvorteile werden künftig über Effizienzvorteile generiert."
Sie sind bestens vernetzt und haben bereits viele Veranstaltungen zu verschiedensten Themen im Gesundheitswesen organisiert. Wo sehen Sie das größte Entwicklungspotential? Wo sehen Sie die größten Schwachstellen?
Das entspricht sich ein wenig. Die größten Entwicklungspotentiale sehe ich in einer effektiven und effizienten Versorgungssteuerung und deren reibungsloser operativer Beherrschung. Hier wird Digitalisierung und Interoperabilität einiges bewirken, trotz der angesprochenen Beharrungskräfte. Und da sehe ich auch die größten Schwachstellen und zwar an zwei Stellen: Die mangelnde Integration und Vernetzung der sektoralen Strukturen zum einen und die z.T. unendlichen Willensbildungsprozesse im föderativen und selbstverwalteten System insbesondere, was Innovationen anbelangt, auf der anderen Seite."