Interview mit Martin Deitenbeck: Medienunternehmen im Digitalisierungsprozess

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Seit 1990 haben Tageszeitungen rund ein Viertel ihrer verkauften Auflage verloren. Journalistische Inhalte sind immer und überall frei verfügbar, Rezipienten sind nicht mehr in dem Maße wie früher bereit, für Medienangebote zu bezahlen. Wie schafft es die Branche, auch künftig nennenswerte Erlöse zu erzielen?

Es ist schwer für die Unternehmen, in diesem Umfeld profitabel zu bleiben. Es ist aber nicht unmöglich. Es gibt gute Beispiele dafür, dass mit hochwertigen, gut recherchierten Beiträgen auch im Internet Interesse geweckt werden kann und Einnahmen erzielt werden. Wichtig ist, dass die Qualität stimmt. Denn für Qualität sind viele Menschen bereit, auch Geld auszugeben.

Der Abbau von Redaktionsstellen mag zwar unumgänglich sein, lässt sich aber nicht beliebig fortsetzen. Wir haben heute die Situation, dass aufgrund der Bildung von "Redaktionsnetzwerken" die Inhalte vieler Zeitungen, zumindest was die überregionalen Nachrichten angeht, quasi nicht mehr unterscheidbar sind. Ein Faustpfand kann hier die lokale Information sein, denn die Menschen interessiert immer, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert."

Wie lassen sich neue digitale Angebote, Geschäftsmodelle und Denkweisen in bestehende Strukturen integrieren und möglicherweise Synergien mit klassischen Geschäftsbereichen erzielen?

Das ist zugegebenermaßen schwer. Hier muss zunächst einmal die Bereitschaft zum Umdenken gegeben sein. Der Mitteldeutsche Rundfunk hat mit der Auflösung der traditionellen Bereiche und der Schaffung neuer, flexiblerer Strukturen vorgemacht, wie es gehen kann. Man muss sicherlich nicht alles, was bisher galt, über Bord werfen."

Nicht nur im Zeitungsmarkt schreitet die digitale Transformation voran – auch die TV-Landschaft verändert sich stark. Digitale Angebote wie Netflix oder Amazon Prime erobern den Markt. In diesem Punkt steht die Medienwelt erst am Anfang. Welche Anknüpfungspunkte gibt es aus Ihrer Sicht zu innovativen Konzepten?

Der Erfolg von Netflix und Amazon Prime, um nur die beiden größten Anbieter zu nennen, rührt daher, dass sie attraktive Dienste non-linear darbieten. Das heißt: Der Kunde kann sie schauen, wann und wo er will. Hier hat das lineare Fernsehen einen strukturellen Nachgleich, der aber mittlerweile von allen großen Anbietern adressiert wird. Das non-lineare Angebot über das, was herkömmlich Mediatheken genannt wird, wird von allen Anbietern permanent ausgebaut. Die zeitsouveräne Nutzung von Inhalten wird sicherlich noch weiter ausgebaut werden.

Ich sehe allerdings auch weiterhin Bedarf für lineare Ausstrahlungen, etwa bei großen Show- oder Sportevents. Die Spiele der Fussball-Weltmeisterschaft wird man sich sicherlich auch in Zukunft eher live als zeitversetzt anschauen.

Die Rechteinhaber wissen dies allerdings auch sehr genau, wie die jüngsten Rechtevergaben der Champions-League zeigen. Das herkömmliche "Free-TV" kommt bei solchen Summen an seine Grenzen."


Martin Deitenbeck

Geschäftsführer Sächsische Landesmedienanstalt

  • Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg
  • Mitglied im Bundesverband deutscher Pressesprecher
  • Vorstandsmitglied im Verein Programmberatung für Eltern e.V. (FLIMMO)

beruflicher Werdegang:

  • 1992 – 1999 wissenschaftl. Referent der CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag
  • 1999 – 2000 Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Gremienbüro in der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM)
  • seit 2000 Geschäftsführer der SLM
  • seit 2002 Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Hochschule Mittweida
  • von 2008 bis 2013 Vorsitzender der Technischen Konferenz der Landesmedienanstalten (TKLM)
  • seit 2014 Mitglied im Fachausschusses Netze, Technik und Konvergenz, welcher die Entscheidungen von ZAK und Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) zu technischen Fragestellungen vorbereitet

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